Bi+ Equal: Erster europäischer Dachverband für Pan- und Bisexuelle
Ende Oktober wurde in Vilnius mit Bi+ Equal der erste paneuropäische Dachverband für pan- und bisexuelle Menschen gegründet. Ziel ist, eine starke internationale Interessenvertretung aufzubauen. In Berlin steht derweil die Fachstelle Bi+ unter Druck: Die Finanzierung für die Jahre 2026/2027 fällt zu niedrig aus
Ein Meilenstein für die Bi+-Community: Vom 20. bis 22. Oktober fand in Vilnius, Litauen, die Konferenz und ordentliche Gründungsversammlung von Bi+ Equal statt. Damit wurde der erste paneuropäische Dachverband für die Bi+-Community ins Leben gerufen. Die erste Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl wird voraussichtlich im Frühling stattfinden.
Bi+ Equal, unter anderem initiiert von den Gruppen Bi+ Nederland (Niederlande) und Spectrum (Frankreich), ging aus der internationalen LGBTIQ*-Organisation ILGA hervor. Ziel ist es, eine überregionale und rechtlich verankerte Interessenvertretung für pan- und bisexuelle Menschen zu schaffen, die Ressourcen bündelt, Kapazitäten stärkt und die internationale Vernetzung der Bi+-Community ausbaut.
Die Idee, sich als Community breiter aufzustellen, hängt auch damit zusammen, dass Initiativen speziell für bisexuelle und biromantische Menschen international kaum finanziell gefördert werden. Ihre Belange, so die Kritik, werden in LGBTIQ*-Organisationen häufig nur am Rande behandelt.
Ein starkes Netzwerk ist weniger angreifbar
Gleichzeitig verstehen sich die Aktivist*innen als Antwort auf den gesellschaftlichen Rechtsruck und auf Kürzungen in der Diversity- und Antidiskriminierungsarbeit, nach dem Motto: Ein starkes Netzwerk ist weniger angreifbar als viele einzelne Gruppen. Nicht nur lokale Initiativen, sondern auch bi-spezifische Arbeitsgemeinschaften in LGBTIQ*-Organisationen sowie Einzelpersonen können Mitglieder werden.
Der Sitz der Organisation wird in den Niederlanden sein. Zum Kernteam des Projekt, das auf die Gründung von Bi+ Equal hingearbeitet hat, gehören Barbara Oud, Monique Boesewinkel, Jantine van Lisdonk, Hilde Vossen, Daphne Hermsen (Bi+ Nederland), Soudeh Rad und Zeynab Peyghambarzadeh (Spectrum) sowie Aida Marukyan, Demet Gümüş und Veronica Walsh.
„Nun wurde der erste Antrag für Fördergelder gestellt. Wenn er bewilligt wird, könnten sich einige Aktive auf EU-Ebene hauptamtlich mit Bi+-Belangen beschäftigen“, berichtet Samu/elle Striewski, Bi+-Aktivist*in und SIEGESSÄULE-Autor*in, die*der vor Ort in Vilnius war. „Eine Idee ist außerdem, ähnlich wie bei IGLYO, dass der Verband eigene Fördertöpfe einrichtet und so lokalen Projekten Zuschüsse geben kann. Dann könnten sich Gruppen ohne große Umwege direkt bei Bi+ Equal bewerben, was ihre Chancen erhöht.“
„Eine Idee ist, dass Bi+ Equal eigene Fördertöpfe einrichtet und so lokalen Projekten Zuschüsse geben kann.“
Noch ist offen, wie genau die Struktur oder Arbeitsweise von Bi+ Equal aussehen wird. Das werde von allen Mitgliedern gemeinsam entschieden. „Einfach gesagt: Von der Bi+-Community, für die Bi+-Community“, so beschreibt es die Initiative selbst auf ihrer Homepage.
Fest steht jedoch, dass der Verband sich der Fürsprache für Bi+-Belange widmen will, etwa in der Forschung, bei der Unterstützung von pan- und bisexuellen Menschen in Ländern, in denen LGBTIQ* starker Repression ausgesetzt sind und beim Aufzeigen spezifischer Probleme wie schlechter psychischer Gesundheit unter bisexuellen Personen, Gewalt gegen Bi+-Frauen oder Hürden im Asylsystem.
Darüber hinaus hat Bi+ Equal ein europaweites Bi+-Mapping gestartet, um bestehende Gruppen zu kartieren, sowie mit einem Programm zur Wissensvermittlung begonnen, in Form von Online-Vorträgen. Auch jährliche Vernetzungstreffen nach dem Vorbild der European Lesbian* Conference (EL*C) sind angedacht.
Bi+ Equal habe sich außerdem von Anfang an als „dezidiert antirassistischer und intersektionaler, feministischer Verband definiert“, sagt Samu/elle Striewski. „Diese Kernwerte gleich zu Beginn festzulegen ist bemerkenswert und wichtig, weil auch die Bi+-Community ein Problem mit Rassismus, Transfeindlichkeit und anderen Diskriminierungsformen hat.“
„Tränen sind geflossen.“
Die Konferenz beschreibt Samu/elle als berührend: „Tränen sind geflossen, es war sehr emotional, ständig wurde erwähnt, dass das ein historisches Moment für die Community sei.“ Auch die US-Aktivistin Robyn Ochs war vor Ort, um ihre Anerkennung und Unterstützung auszudrücken. „Es war inspirierend, ein Teil davon zu sein. Doch die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Das war sozusagen unser Startschuss.“
Derweil in Berlin: Fachstelle Bi+ unter Druck
Auf europäischer Ebene feiert die Bi+-Community, doch in Berlin gibt es Grund zur Sorge: Der Grundbedarf der seit knapp einem Jahr bestehenden Fachstelle Bi+, angesiedelt bei BiBerlin e. V., wurde für den kommenden Doppelhaushalt 2026/2027 aus Sicht der Aktivist*innen zu niedrig angesetzt. „Damit steht die Arbeit der einzigen spezialisierten Anlaufstelle für bisexuelle, panromantische und andere bi+ Menschen in Berlin – und bundesweit – auf dem Spiel“, heißt es in der Pressemitteilung. Die Fachstelle berät Menschen zu Sorgen rund um Coming-out, Diskriminierungserfahrungen oder persönliche Krisen und bietet Sensibilisierungsworkshops beispielsweise für die Berliner Verwaltung und Behörden an.
„Wenn Berlin sich Regenbogenhauptstadt nennen will, dann muss das auch für Bi+-Menschen gelten.“
Obwohl Bi+-Personen als größte Gruppe innerhalb der LGBTIQ*-Community gelten, sind laut Haushaltsplan nur etwa 1,3 Prozent der LGBTIQ-Fördermittel für bi-spezifische Projekte vorgesehen. „Diese Diskrepanz steht sinnbildlich für die strukturelle Unsichtbarmachung von Bi+-Lebensrealitäten auch innerhalb queerer Strukturen“, betont BiBerlin-Vorstandsmitglied Anna Sive. „Wenn Berlin sich Regenbogenhauptstadt nennen will, dann muss das auch für Bi+-Menschen gelten.“ Der Verein fordert, die Fördersumme aus dem Jahr 2025 fortzuschreiben, damit die Arbeit auf dem bisherigen Stand weitergeführt werden kann.
Gewissermaßen verdeutlichen die Herausforderungen der Fachstelle Bi+, warum breite community-spezifische Initiativen wie Bi+ Equal sinnvoll sind. Ein europäischer Dachverband wird diese Lücken jedoch nicht allein schließen können. Die Berliner Politik bleibt in der Verantwortung, eine verlässliche Förderung sicherzustellen.
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