CDU-Kritik beim CSD unterbunden?

Der diesjährige CSD in Berlin war so groß wie lange nicht mehr und zog hunderttausende Menschen auf die Straßen. Grund dafür dürften unter anderem das vorangegangene Regenbogenflaggen-Verbot durch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und die „Zirkuszelt“-Aussage von Kanzler Friedrich Merz sein. Kritik an der CDU mündete teils in gewaltsamen Auseinandersetzungen am CSD, führte aber auch zur Einschränkung von Demonstrant*innen
Die LSU (Lesben und Schwule in der Union) veröffentlichte am Sonntag nach dem CSD eine Pressemitteilung über einen Faustschlag gegen Mitglieder der LSU an deren Wagen. In der anschließend verständlichen Aufregung und Auseinandersetzung ging jedoch ein Vorfall unter: Demonstrant Lothar* wurde von der Polizei während des CSDs abgeführt und 30 Minuten festgehalten – und das seiner Meinung nach nur, weil er seine Kritik an der CDU äußerte.
„Ich fühle mich beleidigt durch die queerfeindlichen Positionen der CDU.“
„Ich fühle mich beleidigt durch die queerfeindlichen Positionen der CDU“, sagt Lothar gegenüber SIEGESSÄULE. Damit meint er nicht nur das Nicht-Hissen der Regenbogenflagge durch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, sondern u. a. auch die Transphobie von Kanzler Merz: „Die Aussage von Friedrich Merz im Bundestagswahlkampf, in der er Trumps Haltung unterstützt, dass es nur zwei Geschlechter gebe, empfinde ich als transphob.“ Deshalb hatte er ein Plakat für den CSD gebastelt mit der Aufschrift „CDU: Für mehr QueerFeindlichkeit" mit dem er vor dem Wagen der LSU/CDU lief.
Kritik an der CDU unerwünscht?
„Kurze Zeit später wurde ich von einer Polizeieinheit aus dem Demonstrationszug abgeführt". Das schockiert ihn auch noch zwei Wochen nach dem CSD. „Ich fühle mich in meinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in unzulässiger Weise eingeschränkt." Vor allem, da er schon zuvor „von mehreren Ordnern körperlich bedrängt, geschubst und am Weitergehen gehindert" wurde, was auf mehreren Fotos festgehalten ist. „Die konnten damit nicht umgehen. Aber wir waren auf einer Demonstration und nicht auf einem CDU-Parteitag", so der Ärger von Lothar.
Wollte der LSU und der CSD-Vorstand eine unliebsame Meinungsäußerung unterdrücken? CSD-Vorstand Thomas Hoffmann bestätigte gegenüber SIEGESSÄULE, dass der Vorstand „gemeinsam mit der Polizei entschied, dass die an der Blockade beteiligten Personen von der Versammlung ausgeschlossen werden.“ Dass es angeblich eine Blockade geben sollte, hatte die LSU dem Veranstalter gemeldet. Berlins LSU-Chef René Powilleit bestätigt dies gegenüber SIEGESSÄULE. „Es war keine klassische Bedrohungslage für uns." Er hätte mit Lothar lediglich diskutiert, auch wenn er sein Verhalten nicht korrekt fand.
Aussage gegen Aussage
„Es war ein dauerhaftes Provozieren, aber das Schild haben wir nicht unterbunden", so der LSU-Chef. Das sieht Lothar anders: „Ein Ordner versuchte mir gewaltsam das Plakat herunterzudrücken." Deshalb hat er auch Anzeige wegen Bedrohung erstattet. „Er hat das Plakat sehr nah vor Gesichter gehalten," so Powilleit, deshalb habe er die Polizei informiert und weil er eine Blockade durch Lothar befürchtete. Dieser widerspricht: „Das ist eine andere Form von Widerstand, über die wir im Vorfeld diskutiert haben, aber wir wollten keine Blockade." So bleibt steht am Ende Aussage gegen Aussage.
„Ob die LSU/CDU im kommenden Jahr wieder Teil des CSD ist, ist offen."
Es stellt sich die Frage, inwieweit eine Partei, die offensichtlich gegen queere Belange handelt an einem CSD teilnehmen sollte. CSD-Vorstand Hoffmann dazu: „Ob die LSU/CDU im kommenden Jahr wieder Teil des CSD ist, ist offen."
*vollständiger Name ist der SIEGESSÄULE bekannt
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