queere Lebensrealitäten

Grab- und Gedenkstätte für LGBTIQ* in Schöneberg geplant

30. Mai 2025 Axel Schock
Bild: IMAGO / Schöning
Gedenk-Grabstätte vom HIV e.V. auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof.

Die Schwulenberatung plant auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof eine Gemeinschaftsgrabstätte und einen Gedenkort für queere Menschen. Seit vor einigen Jahren die historische Friedhofsmauer an der Monumentenstraße in sich zusammenbrach, wurde diese danach nicht wieder aufgebaut und nur durch einen Bauzaun ersetzt. Das könnte sich bald ändern

Auf einer Länge von rund zehn Metern soll eine neue Mauer Teil einer Grab- und Gedenkstätte werden und das dazugehörige Gräberfeld zur Ruhestätte für über 100 Personen aus der queeren Community. Gemeinschaftsgräber sind längst keine Besonderheit mehr – zumal auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof. Hier haben eine ganze Reihe queerer Freundeskreise historische Gräber in Patenschaft übernommen und zu ihrer eigenen Gemeinschaftsgrabstätte gemacht. Im Zuge der Aids-Krise hat sich auch in Deutschland die Bestattungskultur stark verändert.

„Viele queere Menschen haben den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie verloren oder haben keine direkten Verwandten mehr, die sich um das Grab kümmern könnten.“

In Hamburg, Frankfurt a. M. und Heidelberg entstanden Gemeinschaftsgräber für Menschen, die an den Folgen von Aids verstarben. Auf dem Georgen-Parochial-Friedhof I wiederum hat 2014 die Sappho-Frauenwohnstiftung eine Grabanlage für lesbische Frauen eingeweiht. Das Bedürfnis, im Kreise der Wahlfamilie innerhalb der queeren Szene bestattet zu werden, ist groß. Diese Erfahrung hat auch Marcel de Groot gemacht. „Viele queere Menschen haben den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie verloren oder haben keine direkten Verwandten mehr, die sich um das Grab kümmern könnten“, sagt der Geschäftsführer der Schwulenberatung Berlin.

Großes Interesse der Community

Wie groß das Interesse in der Community ist, zeigte sich bei einer Informationsveranstaltung im März. Viele der Besucher*innen hatten ganz konkrete Fragen zu den Kosten und der Finanzierung oder zur Möglichkeit, sich einen Platz in der geplanten Anlage zu reservieren. Die Grabnutzungsrechte für 20 Jahre werden bei einer Urnenbeisetzung inklusive Friedhofsgebühr bei rund 2.500 Euro liegen. Hinzu kommen noch die eigentlichen Bestattungskosten, etwa für die Kremierung.

Die Namen und Lebensdaten der Bestatteten werden auf der dann neu errichteten Wand verewigt. Zudem wird es möglich sein, dort auch namentlich an Verstorbene zu erinnern, die nicht vor Ort beigesetzt wurden. Das Gemeinschaftsgrab bietet Platz für 100 Urnen und 9 Sargbestattungen und bleibt für mindestens 40 Jahre gesichert, wie de Groot erläutert. Eine Verlängerung ist durchaus möglich.

Nicht zuletzt soll dieses Grab für mehr Sichtbarkeit von LGBTIQ* und die Würdigung queerer Leben(sweisen) sorgen.

Und sollte die Nachfrage im Laufe der Zeit die Kapazität übersteigen, will man weitere Gemeinschaftsgräber anlegen. Wichtig ist den Initiatoren, dass es ein Community-Projekt bleibt. Dies bedeutet etwa, dass die Grabpflege zwar von der Schwulenberatung organisiert, aber von Ehrenamtlichen geleistet wird. Und auch, dass es Menschen, die dort beigesetzt werden möchten, jedoch das notwendige Geld nicht aufbringen können, durch solidarische Zahlungen und Spenden ermöglicht wird. Nicht zuletzt soll dieses Grab für mehr Sichtbarkeit von LGBTIQ* und die Würdigung queerer Leben(sweisen) sorgen – zum Beispiel durch jährliche Gedenkveranstaltungen und durch eine eigene Website, auf der mit Fotos und Biografien an die Verstorbenen erinnert wird.

Doch noch steht erst einmal nur ein Bauzaun. Derzeit läuft die offene Ausschreibung für die Gestaltung der Grabanlage. Eine mit Expert*innen sowie Vertreter*innen unter anderem des Denkmalschutzamtes und der Friedhofsverwaltung besetzte Jury soll bereits im Sommer den Siegerentwurf küren. Unterdessen werden Spenden für die Umsetzung gesammelt. Allein für die Neuerrichtung der Mauer und die künstlerische Gestaltung müssen rund 100.000 Euro aufgebracht werden. Wenn alles klappt wie geplant, könnten Ende 2025 bereits die ersten Beisetzungen auf der neuen LGBTI*-Grabstätte durchgeführt werden.

Mehr zu der Gemeinschaftsgrabstätte und dem Gedenkort für queere Menschen findet ihr auf der Website der Schwulenberatung.

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