Heldin der afrodeutschen Bewegung: Die Kunst von Ika Hügel-Marshall
Die im letzten April verstorbene Ika Hügel-Marshall war Autorin, Filmemacherin, Pädagogin, Selbstverteidigungstrainerin, Aktivistin und Pionierin der afrodeutschen Community. Neben all dem war sie aber auch: Künstlerin. In der Ausstellung „Durch Farbe ins Leben“ zeigt das Nachbarschaftsheim Schöneberg eine Auswahl ihrer Arbeiten
Schon in den 80er-Jahren begann Ika Hügel-Marshall mit fantasievollen Designs zu experimentieren. Unter Verwendung von dünnen, schwarzen Filzstiften entwarf sie Bildwelten, die leuchtende Farben mit organischen Formen und dynamischen Abstraktionen kombinierten. „Ika Hügel-Marshall hatte eine schmerzhafte Kindheit, an die sich Diskriminierungserfahrungen als Erwachsene anschlossen“, erzählt Lebensgefährtin und Mitstreiterin Dagmar Schultz. „Schon früh wählte sie Farben und Formen als Gegengewicht, nicht jedoch in zornigen, düsteren Bildwelten; nein, in farbenfrohen, unglaublich vielfältigen, abstrakten Zeichnungen, durchzogen von Häuser- und Baumreihen, Sonnen und Blumen – und später blicken uns Gesichter und Tiere aus ihren Bildern an.“
1998 hatte Ika Hügel-Marshall ihre Autobiografie unter dem Titel „Daheim unterwegs“ veröffentlicht, in der sie ihre Erfahrungen mit dem Leben und Überleben als Schwarze Frau in Deutschland schildert. Geboren wurde sie 1947 als Tochter einer bayrischen Mutter und eines afroamerikanischen US-Soldaten und wuchs ab dem siebten Lebensjahr in einem Kinderheim auf. „Mit ihrer Kunst hielt sie der Welt einen Spiegel vor, der aussagte: nie lasse ich mich unterkriegen, nie lasse ich mir meine Kreativität, meine Vorstellungsgabe, meine Originalität nehmen,“ so Dagmar Schultz. „Dies bedeutete auch, mit sich selbst zur Ruhe zu kommen, um dann nach außen gehen zu können, aktiv zu werden. Die künstlerische Arbeit wie auch ihre schriftstellerische Arbeit, haben sie empowert – vielen Menschen Kraft und Zuversicht und die Freude daran zu geben, aus schwierigen Situationen herauszukommen.“ Die Arbeiten können also als Ergänzung oder auch als Illustration ihres vielseitigen Wirkens gelesen werden.
Seit den 1980er-Jahren engagierte Ika sich in der afrodeutschen Frauenbewegung und war Mitbegründerin von ADEFRA e. V. – Schwarze Frauen in Deutschland. Nach ihrem Umzug nach Berlin-Schöneberg 1990 arbeitete sie als Pressereferentin beim Orlanda Frauenverlag und unterrichtete Selbstverteidigungskurse für Schwarze Frauen, Frauen mit Migrationsbiografie und jüdische Frauen. Dazu lehrte sie als Diplompädagogin an den Berliner Universitäten FU und TU an der Alice Salomon Hochschule. Zusammen mit ihrer Partnerin Dagmar Schultz war sie Autorin des Dokumentarfilms „Audre Lorde – The Berlin Years 1984 to 1992“, der das Wirken der amerikanischen Autorin und Bürgerrechtlerin in Deutschland schildert.
Balance durch Farben
Ihre Arbeiten wurden bereits in verschiedenen Ausstellungen präsentiert und zierten sogar Buchcover. Die Schöneberger Ausstellung zeigt in einer Vitrine nun auch einige ihrer Holzarbeiten. „Hier spielt sie mit den Formen, die die Natur ihr in gefundenen Holzstücken im Wald hinterlassen und vorgegeben hat – folgt den Windungen und bringt sie in deutlicher Weise hervor, um sie schließlich mit Lack oder Öl zu versiegeln“, beschreibt Dagmar Schultz die Arbeiten. „Charakteristisch für Ikas Ausdrucksformen ist, dass sie sie in vielfältiger Weise in den Alltag integrierte. Ihre Zeichnungen verwirklichte sie auf T-Shirts, Notizbüchern, Holzhockern und -boxen, Puzzles und Postkarten oder Tattoos. Endlose Variationen bieten sich an, um Ikas unverwechselbare Muster in einer ‚Edition Ika‘ in die Welt zu tragen.“ So wird die Ausstellung zu einem vielfältigen Spiegel eines erfüllten Lebens.
Ika Hügel-Marshall: Durch Farbe ins Leben,
noch bis 31.03, Mo–Fr, 09:00–18:00,
Nachbarschaftsheim Schöneberg,
Holsteinische Str. 30, Friedenau
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