Ufuk von Romeo & Romeo: „Hass darf unsere Freiheit nicht einschränken!“

Nach zwei Angriffen auf das Café Romeo & Romeo in Schöneberg und die Bar Tipsy Bear in Prenzlauer Berg zeigt Berlin klare Haltung: Hunderte demonstrierten diese Woche gegen Queerfeindlichkeit. Wir haben Ufuk Erol, den Betreiber von Romeo & Romeo, gefragt, wie es ihm jetzt geht und was er sich von der Politik erhofft
Zum Hintergrund: Am Montagabend haben über 200 Menschen vor dem schwulen Café Romeo & Romeo in der Motzstraße gegen Queerfeindlichkeit demonstriert. Anlass war ein Angriff am Samstagabend, bei dem Ufuk Erol, der 56-jährige Inhaber des Lokals, von einem 23-Jährigen zunächst beleidigt, kurz darauf mit einer Glasflasche am Kopf verletzt wurde und eine Platzwunde erlitt. Der Täter wurde bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten und anschließend in eine psychiatrische Klinik gebracht. Eine homophobe Motivation kann nicht ausgeschlossen werden, ist jedoch auch nicht eindeutig belegt.
Unter anderem die Rechtsanwältin Sissy Kraus, der Politiker Hakan Taş und LGBTIQ*-Aktivist Ralph Ehrlich riefen zur Kundgebung auf. Berlins Queerbeauftragter Alfonso Pantisano (SPD) zeigte sich tief besorgt und forderte, die Landesstrategie gegen Queerfeindlichkeit konsequenter umzusetzen.
Weniger als 24 Stunden vor dem Angriff in Schöneberg war bereits das Tipsy Bear in Prenzlauer Berg Ziel queerfeindlicher Gewalt geworden, als eine Gruppe mit Baseballschlägern die Regenbogenfahne entfernte und das Barpersonal queerfeindlich beleidigte. Auf Instagram schrieben die Mitarbeitenden: „Angesichts der steigenden Aggressionen gegen die queere Community in Berlin wird es umso wichtiger, queeres Leben in all seinen Formen sichtbar zu machen und zu feiern.“

Ufuk, wie geht es dir jetzt nach dem Angriff? Ehrlich gesagt: Wir stehen noch unter Schock. Körperlich geht es mir inzwischen besser, aber die seelischen Wunden sitzen tief. Es war nicht nur ein Angriff auf mich als Mensch – es war ein Angriff auf die Sichtbarkeit, auf queeres Leben und auf unsere Community. Mein Team und ich versuchen, stark zu bleiben – für uns, füreinander und für alle, die unser Café als sicheren Ort begreifen.
Was sind eure nächsten Schritte? Wir haben Strafanzeige erstattet, und ich hoffe, dass die Polizei die Tat ernsthaft verfolgt. Gleichzeitig stehen wir im engen Austausch mit Politiker*innen, Initiativen und queeren Aktivist*innen. Wir überlegen, wie wir gemeinsam noch sichtbarer für Respekt und gegen Hass eintreten können – mit Aktionen, Kundgebungen, aber auch mit politischen Forderungen.
„Unsere Nachbarschaft, unsere Gäste, unsere Community – sie alle haben klargemacht: Wir lassen uns nicht einschüchtern.“
Wie habt ihr den Support aus der Community und Nachbarschaft bislang empfunden? Es war überwältigend. Am Montagabend haben uns Hunderte Menschen ihre Solidarität gezeigt, darunter Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann, Alfonso Pantisano, Hakan Taş, Ralph Ehrlich und viele andere. Dieser Abend hat mir Kraft gegeben. Unsere Nachbarschaft, unsere Gäste, unsere Community – sie alle haben klargemacht: Wir lassen uns nicht einschüchtern.
Fühlst du dich im Kiez und in deinem Café noch sicher? Die Wahrheit ist: Ein Stück Sicherheit ist verloren gegangen. Ich frage mich, was gewesen wäre, wenn ich allein gewesen wäre? Wenn niemand da gewesen wäre, um einzugreifen? Wir dürfen nicht so tun, als sei Berlin ein queerfeindlichkeitsfreier Raum. Wir brauchen mehr Schutz, mehr Präsenz und vor allem mehr Konsequenz gegen solche Taten.
Was wünschst du dir jetzt konkret von der Politik, Community und der Polizei? Von der Politik wünsche ich mir klare Zeichen gegen Queerfeindlichkeit, nicht nur in Worten, sondern im Handeln: mehr Aufklärung, konsequente Strafverfolgung, Schutzräume für queere Menschen. Von der Polizei erwarte ich Sensibilität, Ernsthaftigkeit und Transparenz in der Aufarbeitung des Falls. Und von der Community wünsche ich mir: Bleibt laut. Bleibt sichtbar. Bleibt solidarisch.
„Von der Politik wünsche ich mir klare Zeichen gegen Queerfeindlichkeit, nicht nur in Worten, sondern im Handeln: mehr Aufklärung, konsequente Strafverfolgung, Schutzräume für queere Menschen.“
Überlegst du, Öffnungszeiten, Sicherheitskonzept oder etwas anderes am Cafébetrieb zu ändern? Ja, aber nicht im Sinne eines Rückzugs, sondern als Zeichen von Stärke und Widerstand. Wir haben inzwischen überall im Innenraum Videokameras installiert, um unser Team und unsere Gäste besser zu schützen. Außerdem wollen wir – gerade jetzt – den queeren Raum nicht verkleinern, sondern erweitern: Ab sofort planen wir, freitags und samstags im Sommer bis 24 Uhr geöffnet zu haben. Unsere neuen Öffnungszeiten sind: Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr, Freitag und Samstag von 8 bis 24 Uhr. Wir sagen damit ganz klar: Wir bleiben sichtbar. Wir bleiben hier.
Gibt es etwas, das du der LGBTIQ*-Community und ihren Allies sagen möchtest? Ja, lasst uns zusammenhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass Hass unsere Freiheit einschränkt. Zeigt euch, unterstützt queere Orte, nicht nur bei Angriffen, sondern jeden Tag. Romeo & Romeo ist nicht nur ein Café, es ist ein Symbol für ein selbstbestimmtes, offenes Leben. Danke, dass ihr uns so stark unterstützt. Diese Solidarität verändert etwas.
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