Von Geschlechtsverwirrung und Lesbensex – zwei Bücher von Joey Juschka
Joey Juschka wurde bereits mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet, unter anderem in der Kategorie „Bester Humor“. Joeys Texte waren auch schon in „Mein lesbisches Auge“ dabei. Jetzt sind zwei Bände mit Juschkas Arbeiten in der Reihe „Berliner Szenen“ erschienen
Innerhalb der letzten zehn Jahre trieb sich Joey Juschka in den dunklen Straßen Berlins herum, in den geheimen Ecken, aber auch im hellen Tageslicht. Immer aufmerksam, bedacht das Übersehene zu sehen und die Unbeobachteten zu beobachten. Und über genau diese Momente – von Klos und Geschlechtern, von Vertraulichkeiten und Lesbensex, von Ämtern und Regeln – schreibt Juschka in vielen kurzen Texten, die nun in zwei Sammelbänden erschienen sind.
Die Bände „Gerne, die Dame“ und „Schlimme Sachen mit Decken“ folgen auf Juschkas erstes Buch „Die Welt verbessern. Fiktive Lösungen für reale Probleme“, das seit August 2023 erhältlich ist. Die beiden Neuerscheinungen behandeln aber keine fiktiven Lebensbeschreibungen. Im Gegenteil. „In meinen Geschichten gibt es Realität, sehr viel sogar. Es geht um Alltag, die Stadt, Berlin. Aber sie haben auch viel Philosophie in sich, universal. Dazu im Kontrast meine sehr persönliche und ganz eigene queere Sicht auf die Welt“, erklärt Juschka gegenüber SIEGESSÄULE. Eine Sicht, die mit wenigen Ausnahmen oft noch fehle.
„Berliner Szenen“ zum Schmunzeln und Nachdenken
Juschka wünscht sich, dass die Leser*innen aus diesen Büchern die Idee mitnehmen, Berlin neu entdeckt zu haben. „Viel lachen, viel nachmachen … die schlimmen Sachen mit Decken zum Beispiel! Oder besonders das, was man ‚Früh um acht in Berlin‘ so machen kann“, antwortet Juschka im Interview. Tatsächlich ist der Text „Gerne, die Dame“ die erste Berliner Szene, die Juschka je geschrieben hat – das verdient dann auch den Titel des Sammelbandes. Genau wie im Debüt-Buch lädt Juschka immer wieder zu Gedankenspielen ein und meint: „Bin ich die Dame oder red ich mit einer Dame, bin aber selbst keine? Recht typische Frage für das Buch als Ganzes.“
Geschlecht, Identität und Sexualität spielen immer eine Rolle – mal direkt, mal indirekt. Vom Opa am Kassenband, der „den Herrn – äh, die Dame“ vor sich hat, der Schwester, die denkt, sie habe eine Lösung für Genderdysphorie auf Toiletten – einfach nicht aufs Klo gehen – und dem Abholen von Paketen, das sich aufgrund von Ausweisfoto-Differenzen schwer gestaltet.
Viele der Geschichten bringen einen zum Schmunzeln und Nachdenken, regen an, sich selbst und das heteronormativ geprägte Weltbild zu überprüfen. „Nicht binär wird gerade sehr gehypt, das nervt manchmal, dennoch trägt es dazu bei, das mal zu hinterfragen, wegzukommen von einer Entweder-oder-Sicht“, so Juschka. Es gehe nicht darum, dass die Zukunft mehr „Zwischentöne“ habe, sondern diese zu akzeptieren, bis man das Thema nicht mehr besprechen müsse – dann sei echte Nichtbinarität erreicht.
„Nicht binär wird gerade sehr gehypt, das nervt manchmal, dennoch trägt es dazu bei, das mal zu hinterfragen, wegzukommen von einer Entweder-oder-Sicht.“
Überraschend ist, dass zwischen all den Texten auch der Name von Luise F. Pusch genannt wird. Falls man sie noch nicht kenne, regt Juschka dazu an, sie zu googeln. Pusch ist deutsche Sprachwissenschaftlerin und engagierte sich bereits Ende der 70er-Jahre für eine geschlechtergerechte Sprache.
Heute allerdings lehnt die Altfeministin Trans-Identität ab. Juschkas Antwort: „Ja, und? Menschen sind nicht immer das, was man will, aber statt auf den einen Punkt zu schauen, der einem widerspricht, könnte man den ja mal kurz aushalten.“ Ein überraschender Standpunkt, bedenkt man, dass Joey Juschka wahrscheinlich genau das verkörpert, was Pusch ablehnt. So bleibt wohl auch umgekehrt die Frage, ob man diesen einen Punkt bei Juschkas Texten aushalten möchte – oder nicht.
Joey Juschka: „Gerne die Dame. Berliner Szenen“,
Konkursbuch Verlag,
160 Seiten, 12,50 Euro
„Schlimme Sachen mit Decken“,
Konkursbuch Verlag,
162 Seiten, 12,50 Euro
Lesung: 19.09., 19:00, Begine
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