10 Jahre Butch Cut: „Das Innen mit dem Außen in Einklang bringen“

Am 26. Septempter feiert der queere Barbershop Butch Cut seinen 10. Geburtstag. Wir sprachen mit Gründer Hank D. Wüstenberg über Fades und Mullets, Empowerment von nicht binären und trans-männlichen Menschen und traumatische Erfahrungen beim Friseur
Hank, wie bist du zum Haareschneiden gekommen? Das Haareschneiden ist zu mir gekommen, nicht ich zum Haareschneiden! (lacht) Ich habe mir früher selber die Haare geschnitten, so habe ich die Basics gelernt. Dann habe ich in besetzten Häusern gewohnt und wurde immer wieder gefragt, ob ich anderen die Haare schneiden kann. Nachdem ich in London das Kuratieren studierte, bekam ich eine Art Burn-out und musste mich umorientieren. Anfang 2015 habe ich mir einen Andis Fade-Master gekauft und wochenlang hunderte von YouTube-Videos über das Faden geguckt. Ein paar Monate später, als ich nach Berlin zurückkam, habe ich begonnen, meinen trans-männlichen Freunden Fades zu schneiden. Zu dieser Zeit gab es keinen explizit queeren Barbier in Berlin, der das Faden kann. Das war neu. Dann kamen plötzlich alle zu mir. So fing das mit Butch Cut an, alles sehr DIY und spontan. Ich bin zu den Leuten nach Hause gefahren und habe gegen eine kleine Spende geschnitten.
Was sind deine Signature-Haarschnitte? Fades und Classic Cuts, also Männer-Haarschnitte von den 1920er- bis 1960er-Jahren.
„Viele haben traumatische Erfahrungen beim Frisör gemacht, wurden missgendert oder bekamen nicht die Cuts, die sie gerne haben wollten.“
In der letzten Dekade hast du die Haare von unzähligen lesbischen Butches, Enbys und trans Boys geschnitten. Was suchen die Leute, die zu dir kommen? Am Anfang wollten alle Fades haben. Mittlerweile ist es eine Mischung aus Classic Cuts und Mullets, obwohl ich noch viel Fades mache. Viele haben traumatische Erfahrungen beim Frisör gemacht, wurden misgendert oder bekamen nicht die Cuts, die sie gerne haben wollten. Ich finde gemeinsam mit der Person heraus, was sie möchte. Dann setze ich es Schritt für Schritt um, immer mit Nachfragen und im Spiegel zeigen. Das dauert oft sehr lange. Aber dafür sind die Leute auch sehr glücklich mit ihren Frisuren und sehen dann aus, wie sie gerne aussehen möchten.
„Es kommen Leute zum Haareschneiden, die vor einem Coming-out stehen, von straight zu queer, von queer zu trans, von cis zu non-binary.“
Im Vergleich zu den zahlreichen billigen Herrenfriseuren, die Haarschnitte für 10 oder 15 Euro in Berlin anbieten, umfasst deine Preisspanne ungefähr 28 bis 80 Euro. Ein Ersttermin kostet 125 Euro. Du bietest aber auch Gratis-Haarschnitte für Menschen an, die gerade in einer prekären Situation sind … Der erste Termin dauert 90 Minuten, das ist im Grunde genommen ein Empowerment-Coaching. Es kommen Leute zum Haareschneiden, die vor einem Coming-out stehen, von straight zu queer, von queer zu trans, von cis zu non-binary. Häufig sind das auch Leute, die bereits über 30 sind und schon ein ganz anderes Leben aufgebaut hatten. Das macht Angst und die richtige Frisur soll dann helfen, das Innen mit dem Aussen in Einklang zu bringen. Ich spreche in Ruhe mit jeder Person und versuche zu verstehen, was gewünscht wird. Denn oft trauen sich Leute erstmal nicht richtig zu sagen, was sie eigentlich möchten. Ich halte dabei Raum für die Gefühle, die hochkommen, und ermutige die Person, sich Zeit zu nehmen. Es soll ja nicht einfach nur „queer” aussehen, sondern sich auch gut anfühlen.
Du bietest außerdem ein „shaving ritual for trans masculine folx“ an. Wie sieht das aus? Die Shaving Rituals sind für trans-männliche Personen, die die erste Rasur zu einem Self-Care-Moment machen möchten. Ich biete eine klassische „Straight Razor“-Rasur an, mit warmen Rasierschaum und heißen Handtüchern. Das ist wie bei einem klassischen Barbier und wie man das aus Mafia-Filmen kennt. (lacht) Das ist so ein urtypisch cis-männlicher Akt, den viele mal ausprobieren wollen. Im Anschluss gebe ich Tipps zum selber rasieren. Ein bisschen wie ein Ersatz-Papa, denn die meisten trans Männer bekommen ja leider nicht von ihren Vätern erklärt, wie sie sich rasieren sollen.
10 Jahre Butch Cut Geburtstagsfeier
26.09., von 18:00 – 21:00 im Butch Cut Studio
mit veganem Potluck und alkoholfreien Getränken
Segitzdamm 36, 10969 Berlin (Kreuzberg)
instagram.com/butchcut030
hankdwuestenberg.com
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