20 Jahre Genossinnenschaft Schokofabrik: „Wir wollen uns weiter öffnen“
Das Kreuzberger Frauenzentrum Schokofabrik vereint viele Angebote – das Frauen*-Hamam, die queer-feministische Bar OYA, der Schokosport, das Frauenkrisentelefon, das Gesundheitszentrum Casa Kuà – dass sie für viele FLINTA* nicht mehr wegzudenken ist. Diesen Sommer feierte die Genossinnenschaft ihr 20-jähriges Bestehen. SIEGESSÄULE sprach mit den Vorständinnen Christine Rudolf und Mimi Vogt
Die Geschichte der Schokofabrik geht auf die frühen 1980er-Jahre zurück, als Frauen* Häuser besetzten. Wie kam es zur Gründung der Genossinnenschaft? Mimi Vogt: Sie wurde im Dezember 2003 von 14 Frauen gegründet, um den Erhalt des Vereins Frauenzentrum Schokofabrik mit dem Kauf der Häuser in der Mariannenstraße 6 und Naunynstraße 72 zu sichern.
Warum die Kaufentscheidung? Christine Rudolf: Berlin verkaufte stadteigene Immobilien, und das betraf auch die Räumlichkeiten der Schoko.
Hättet Ihr nicht weiter mieten können? C. R.: Wir hätten mit profitorientierten Investoren und steigenden Mieten rechnen müssen. M. V.: Die politische Dimension ist dabei nicht zu vergessen. Es ist relevant, dass Frauen* Häuser besitzen, so dass sie über die Nutzung selber bestimmen können.
Wie geht das mit der Finanzierung? C. R.: Die Genossinnenschaft ist Eigentümerin der Liegenschaft, und die Frauen*, die bei uns mieten, werden Genossinnen. Alle zahlen Nutzungsentgelt, auch der Verein Frauenzentrum Schokofabrik.
Wer gehört zum Verein? M. V.: Bildungs- und Begegnungsangebote wie Repair Café oder Malkreis, sowie Beratungen für FLINTA*, der Treffpunkt mit Bildung und Beratung für geflüchtete, migrantisierte und Schwarze Frauen, Mädchen, trans*, inter*, nicht binäre Erwachsene und Jugendliche, Hamam und Schokosport sowie eine betreute Jugend-WG. C. R.: Aber auch nicht-vereinseigene Einrichtungen wie OYA Bar, Gesundheitszentrum Casa Kuà, Werkstatt oax_constructions, Frauenkrisentelefon und Kita Schokokids gehören zur Genossinnenschaft.
Wie viele Genoss*innen seid ihr? C. R.: Aktuell sind wir 131.
„Bei 20.000 Besucher*innen im Jahr ist die Modernisierung der Anlage dringend, zumal das Hamam ein essentielles Standbein des Vereins ist.“
Was sind die Herausforderungen? C.R.: Die Mieten gering zu halten, obwohl Reparaturen anstehen. So ist das Dach im Hinterhaus Mariannenstraße sanierungsbedürftig. Die beratenden Projekte benötigen mehr Raum, dafür muss ausgebaut werden. Das Hamam gibt es seit 1988. Dort sind die technischen Einrichtungen – unter anderem die Lüftung – entsprechend veraltet. Bei 20.000 Besucher*innen an 350 Tagen im Jahr ist die Modernisierung der Anlage dringend, zumal das Hamam ein essentielles Standbein des Vereins ist und ihn mitträgt.
Wie wird frau Genoss*in? M.V.: Derzeit sind alle Frauen* willkommen. Gezeichnet wird für mindestens fünf Anteile à 100 Euro, zusätzlich fällt eine Gebühr von 50 Euro an. Jede Genoss*in ist stimmberechtigt.
In der Vergangenheit gab es den Vorwurf der Trans*-Phobie, was die Einlasspolitik ins Hamam angeht. M.V.: Für das Hamam gibt es ein neues Leitungsteam, das mit Offenlegung der laufenden Prozesse arbeitet, die auch das Personal einbeziehen und schulen. Erst einmal ist nun jeder Dienstag auch offen für trans*, inter* und nicht binäre Personen. C.R.: Alle Frauen* – natürlich auch trans* Frauen – sind immer willkommen. Das muss so auch an alle Gäst*innen vermittelt werden.
„Alle Frauen* – natürlich auch trans* Frauen – sind immer willkommen. Das muss an alle Gäst*innen vermittelt werden.“
Gibt es Angebote speziell für queere Frauen? C.R.: Die Schokofabrik ist absolut divers für FLINTA* aufgestellt und gilt als geschützter Raum. Generell gibt es keine Nutzungsbeschränkungen – und somit zum Beispiel auch keine speziellen Angebote für queere Frauen. Andererseits gibt es zielgruppenorientierte Einrichtungen wie das Gesundheitszentrum, das sich als geschützter Raum für trans* und inter* PoC versteht.
Ihr seid als Genossinnenschaft der Überbau für alle. C.R.: Und damit stellt sich die Frage, wie kriegen wir alle unter einen Hut: Frauen* mit Migrationsgeschichte, trans* und cis Frauen, Lesben und heterosexuelle Frauen und auch Personen, die sich nicht als Frauen identifizieren, wie nicht binäre Leute und trans* Männer. M.V.: Wir sind bestrebt, zu halten, was besonders und schützenswert ist, wir fragen uns aber auch, wem gebührt unsere Solidarität, wer ist im Patriarchat diskriminiert. Dabei sind queere und trans* Frauen anders benachteiligt als heterosexuelle und Frauen of Color wieder anders. Uns liegt das Thema Antidiskriminierung am Herzen, wir wollen uns weiter öffnen und auch dazu lernen.
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