Ab 01.05. im Kino

„Einfach machen!“ – Doku über drei weibliche Punk-Legenden

28. Apr. 2025 Manuela Kay
Bild: Salzgeber
Die Berliner Band Malaria!

Die Doku „Einfach machen! – She-Punks von 1977 bis heute“ zeigt die ikonischen Bands Malaria!, Östro 430 und Kleenex und macht Lust auf Underground. Vergessen wurde leider nur der queere Aspekt

Wie, einfach machen? Ohne Erlaubnis? Ohne öffentliche Förderung? Ohne Männer? Ohne die Musik­instrumente ordentlich zu beherrschen? Ganz genau: „Nicht labern – einfach machen“, sowohl ein Zitat einer Musikerin als auch das Credo einer ganzen Szene. So war das Ende der 70er-Jahre: Punk wurde eben einfach gemacht. Auch von Frauen. Und das war neu!

Regisseur Reto Caduff macht sich in seiner Dokumentation auf die Spur dreier legendärer Frauenbands: Malaria! (vormals Mania D.) aus Berlin, Östro 430 aus Düsseldorf und Kleenex (später Liliput) aus Zürich. Ende der 70er-Jahre formierten sich diese Pionierinnen zu Bands, inspiriert von anderen weiblichen Vorreiterinnen des Rock ‘n‘ Roll wie den Runaways, Siouxsie and the Banshees, Blondie, X-Ray Spex, den Slits und natürlich Nina Hagen.

Genderqueer, bevor es den Ausdruck gab

Der Film ist eine Zeitreise ins Zürich der Straßenkämpfe und Besetzungen, in den Ratinger Hof, der angesagten Punkrock-Location in Westdeutschland sowie in ein Westberlin voller Subkultur und Underground. Das alles ist Vergangenheit und für junge Menschen heute kaum vorstellbar, wie man damals auf Karriere und guten Lebensstandard, auf Work-Life-Balance und Altersversorgung zugunsten von Spaß und Selbstverwirklichung scheißen konnte.

Das Faszinierende: Alle drei Bands sind noch oder wieder aktiv, und die Musikerinnen – Gudrun Gut, Beate Bartel, Bettina Köster, Sara Schär, Klaudia Schifferle, Martina Weith und Bettina Flörchinger – blicken aus heutiger Sicht zurück auf ihre wildeste Zeit. Die Doku macht deutlich: An Coolness haben sie alle mit mittlerweile 60+ Jahren nichts eingebüßt. Im Gegenteil, sie taugen als wunderbare Role Models. In vielen schrabbeligen Videomitschnitten nimmt uns der Film mit in die angesagten Treffpunkte des punkigen Westberlins wie dem SO36, dem Exzess oder dem Tempodrom (damals noch ein Zelt am Potsdamer Platz), die seinerzeit das Flair prägten, dem Berlin bis heute hinterherrennt. Ein weiteres Highlight: eine alte Aufnahme der Eröffnung der documenta in Kassel 1982 mit Malaria! und den Einstürzenden Neubauten als Acts.

Schade nur, dass im Film die Chance verpasst wurde, zu erwähnen, dass diese Frauen auch sämtliche Geschlechterrollen sprengten, weit über das selbstständige Musizieren hinaus.

Schade nur, dass im Film die Chance verpasst wurde, zu erwähnen, dass diese Frauen auch sämtliche Geschlechterrollen sprengten, weit über das selbstständige Musizieren hinaus. Sie waren genderqueer, bevor es den Ausdruck gab. Sie waren androgyn, oftmals lesbisch oder bisexuell und auch sonst alles andere als konventionell.

Die Songtexte waren erotisch, lasziv und sehr freizügig. Denn die Punkszene war ebenfalls queer, bevor es diesen Begriff im deutschen Sprachraum gab. Die „neuen“ Frauen (ein bisschen analog zu denen der 20er-Jahre) auf der Bühne wurden von Frauen wie Männern im Publikum begehrt. Doch im Film sind sie auf ihre Musik reduziert, sind Wesen ohne eigenes Begehren oder sexuelles Konzept. Gerade bei einer so bewundernswerten Lesbe wie Bettina Köster, der Malaria!-Frontfrau, hätte man sich das anders gewünscht.

Lehrstück in Sachen Selbstermächtigung

Dennoch ist „Einfach machen“ ein Lehrstück in Sachen Underground und Selbstermächtigung. Aber auch schon vor 45 Jahren war man sich in der feministischen und lesbischen Szene uneins darüber, wer „richtig“ und wer „falsch“ war. 1980 löste Mania D. bei einem Berliner Frauenfestival eine wilde Schlägerei aus: Teile des frauenbewegten Publikums waren mit dem Auftreten der Band nicht einverstanden und gingen auf die ebenso zahlreichen Fans los. „Einfach machen“ inspiriert dazu, zu lernen, wie man als Frau cool wird – und auch bleibt.

Einfach machen! – She-Punks von 1977 bis heute,
D/CH 2024,
Regie: Reto Caduff
Ab 01.05. im Kino

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