Suche nach der eigenen Geschlechtsidentität

Neuer Roman von Mariken Heitman: „Wilde Erbsen“

31. Mai 2024 Simone Veenstra
Bild: Angeliek De Jonge
Mariken Heitman studierte Biologie in Utrecht und arbeitete mehrere Jahre im Bereich der ökologischen Landwirtschaft.

Die preisgekrönte niederländische Schriftstellerin Mariken Heitman erzählt in ihrem neuen Roman „Wilde Erbsen“ die Geschichte der Saatgutzüchterin Elke und ihrer Suche nach der eigenen Geschlechtsidentität. Erbsen zeigen ihr, dass Binarität etwas ist, was in der Natur nicht existiert – bis der Mensch eingreift

2019 debütierte die studierte Biologin Mariken Heitman mit ihrem noch nicht auf Deutsch erschienenen Roman „De Wateraap“. Darin fand Hauptfigur Elke, seit sie denken konnte, Zuflucht im Garten ihrer Großtante Ko. Denn mit der Pubertät beginnt auch Elkes Entfremdung zu dem eigenen Körper und den damit aufgezwungenen binären Erwartungen. Es ist Ko und ihrer Nähe zur Natur zu verdanken, dass Elke Biologie studiert. In Heitmanns zweitem Roman, „Wilde Erbsen“ (großartig übersetzt von Christiane Burkhardt), ist Elke Saatzüchterin und steht in stetem Zwiegespräch mit „der Frau, die ich nie geworden bin“. Nach einem beruflichen Rückschlag zieht sie sich auf eine Insel im Wattenmeer zurück. Hier steht das Häuschen ihres verstorbenen Onkels, hier will sie eine alte Erbsensorte „auswildern“ – also exakt das Gegenteil von dem tun, womit sie bisher ihr Geld verdiente.

Zwischengeschlechtlichkeit in der Natur

Mit Elkes Geschichte wird eine weitere verwoben, die in früher Urzeit spielt und – ähnlich einem antiken Chor – aus der „Wir“-Perspektive einer nicht näher definierten Gruppe an „Vorfahren“ erzählt wird: Ra, weder Mann noch Frau, ist nach der Trennung von seiner*ihrer ursprünglichen Familie auf der Suche nach einer neuen Gemeinschaft. Dabei helfen einige Erbsenschößlinge, die Ra mit sich trägt, und dass in der Weltanschauung sowie im Glauben des Volkes, dem Ra schließlich begegnet, Zwischengeschlechtlichkeit verankert ist. Weniger handlungsgetriebener Roman als essayistischer Spaziergang, bewegt sich „Wilde Erbsen“ zwischen Gedanken zu Herkunft und Entwicklungslinien, dem Hinterfragen von menschlichem (und damit ausbeuterischem) Eingreifen in die Natur, in der bereits viel mehr Vielfalt existiert, als unser begrenztes Verständnis zu fassen vermag. Besonders schön: Der Originaltitel „Wormmaan“, wörtlich übersetzt „Wurmmond“. Sofort wird die lautmalerische Spielerei mit dem Englischen Wort „woman“ deutlich. Wir finden: wunderbar irritierend und voller extrem spannender Gedanken.

Bild: Klett-Cotta
Der neue Roman „Wilde Erbsen“ von Mariken Heitman.

Mariken Heitman: „Wilde Erbsen"
(a. d. Niederl. v. Christiane Burkhardt),
Klett-Cotta Verlag, 272 Seiten, 24 Euro

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