Landtagswahl in Brandenburg

CDU-Spitzenkandidat: „Queere Themen spielen in diesem Land eine Rolle“

6. Aug. 2019
CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben

Vor der Landtagswahl am 1. September in Brandenburg sprach SIEGESSÄULE-Autorin Anette Stührmann mit den Spitzenkandidat*innen von SPD, Linken, CDU, FDP und Grünen über ihre Wahlprogramme und LGBTI-Politik. Im Gespräch mit Ingo Senftleben, Spitzenkandidat der CDU, ging es u. a. um den Begriff Heimat, warum die CDU gegen das Paritätsgesetz stimmte und ob er nach der Wahl mit der AfD Koalitionsgespräche führen würde

Herr Senftleben, die Wahlprogramme fast aller Parteien werben in diesem Jahr mit dem Begriff Heimat. Bei der CDU erscheint er aber besonders oft. Wie kommt’s?
Es freut uns in der CDU-Landtagsfraktion, dass der Begriff auch bei den anderen eine Renaissance erlebt. Aus meiner Sicht ist es ein moderner Ausdruck, und vor allem keine Festlegung, wie ein Zuhause auszusehen hat, sondern eine Aussage, dass jeder ein Zuhause haben soll. Und wo man sich zu Hause fühlt, da ist Heimat.

Ein weiterer Begriff, der bei Ihnen gerne genannt wird, ist Familie. Brandenburg soll laut Ihrem Wahlprogramm „Familienland Nummer Eins“ werden, und sie sagen, dass Familie überall dort ist, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Beziehen Sie da auch queere Menschen, gleichgeschlechtliche Partnerschaften und trans* Personen mit ein?
Menschen sollen so zusammenleben, wie sie es sich vorstellen. Entscheidend ist, dass man in einer Beziehung, wie auch immer sie aussieht, füreinander Verantwortung übernimmt. Natürlich beziehen wir in unsere Familienpolitik auch queere Lebenspartnerschaften mit ein, das ist ausdrücklich unsere Aussage.

Außerdem wollen Sie die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen schließen. Andererseits haben Sie im Landtag gegen das Paritätsgesetz gestimmt, das ab Mitte kommenden Jahres für die Wahllisten aller brandenburgischen Parteien gilt. Wie geht das zusammen? Ich glaube in der Tat, dass wir dahin kommen sollten, dass Frauen und Männer für die gleiche Tätigkeit gleichen Lohn erhalten. Das muss sich endlich in Deutschland und darüber hinaus durchsetzen. Da geht es um Gerechtigkeit und Anerkennung für die entsprechenden Arbeitsleistungen. Wir können zwar schlecht in die Tarifautonomie eingreifen, aber wir können bei unseren Landesbeschäftigten mit Beschlüssen, Vorgaben und Entscheidungen zumindest Zeichen setzen.

Wäre die paritätische Besetzung des Landesparlamentes nicht auch ein Schritt in Richtung Gerechtigkeit und Anerkennung von Frauen und deren Leistungen?
Beim Paritätsgesetz haben wir uns im Landtag dagegen ausgesprochen, dieses Gesetz einzuführen, weil wir glauben, dass Parteien aus eigener Verantwortung heraus sich dazu entscheiden sollten, Männer und Frauen gleichermaßen in der Politik zu unterstützen.

Und wie sieht es mit dem Aktionsplan Queeres Brandenburg aus?
Die Mehrzahl der Landtagsabgeordneten und auch die Mehrzahl der im Landtag vertretenen Parteien sind für den Aktionsplan. Auch durch das Hissen der Regenbogenfahne zum Beispiel signalisieren wir hier im Landtag, dass queere Themen in diesem Land eine Rolle spielen. Und übrigens, ich als CDU-Vorsitzender in Brandenburg war bereits vor der entsprechenden Bundestagsentscheidung dafür, die Ehe allen Paaren zu ermöglichen, die für sich entschieden haben, vor den Traualtar zu treten.

Hinsichtlich möglicher Koalitionen haben Sie gesagt, dass Sie auch mit der AfD Gespräche führen würden. Nein, eine Koalition mit der AfD kann ich ausschließen, da diese Partei versucht, auf Kosten der Schwächsten der Gesellschaft zu punkten. Aus meiner christlichen Tradition und Betrachtungsweise heraus kann ich sagen, deren Ansichten sind nicht mit der CDU, meiner Politik und meinem Verständnis vereinbar. Andererseits habe ich gesagt, und dazu stehe ich, dass ich mit allen gewählten Parteien Gespräche führen würde. Ob ich inhaltlich mit ihnen übereinstimme, ist nicht ausschlaggebend, aber aus Respekt vor den Wählern muss ich mit den Kollegen sprechen. Wobei ich in solch einem Gespräch auch Tacheles rede. Da kann ich sagen, wofür ich stehe und wofür nicht und was ich klipp und klar ablehne.

Interview: Anette Stührmann

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